Heilung der Kindheitsverletzungen

Oct 15, 2025
Kindheitsverletzungen

Wenn alte Wunden sprechen – über Einsamkeit, negatives Denken und die Heilung der Kindheitsverletzungen

Es gibt Momente im Leben, in denen sich alles gegen uns und das Leben zu richten scheint. Gedanken werden schwer, Beziehungen wiederholen den Schmerz von Zurückweisung und selbst der eigene Körper fühlt sich schmerzhaft oder ausgelaugt an. Dann taucht sie wieder auf – die alte Stimme im Kopf, die zweifelt, kritisiert, vergleicht, bewertet.

Doch diese Stimme ist nicht das Problem. Sie ist das Symptom.

Negatives Denken entsteht selten im Jetzt. Es ist meist die Sprache eines verletzten Kindes, das nie gehört wurde. Jemand, der gelernt hat, dass Gefühle zu viel sind, dass Tränen schwach machen oder dass Liebe an Bedingungen geknüpft ist. Wer in jungen Jahren Ablehnung oder Zurückweisung erfährt – ob in der Familie, in der Schule oder in Freundschaften – verinnerlicht schnell, dass etwas mit einem selbst „nicht stimmt“. Und dieses stille Urteil verwandelt sich mit der Zeit in eine Grundmelodie, die unbemerkt das ganze Leben begleitet.

 

Wenn Denken zur Verteidigung wird

Viele Menschen versuchen, diese alten Schmerzen zu kontrollieren, indem sie denken. Der Verstand analysiert, bewertet, sucht Gründe, Erklärungen, Schuldige. Doch was er eigentlich sucht, ist Schutz.

Wenn der Körper einst gelernt hat, dass Nähe gefährlich ist, beginnt der Kopf, Mauern zu errichten. Kritik wird zu Rüstung, Zynismus zu Sicherheit, Distanz zu Kontrolle. So schützt sich das System vor erneutem Schmerz – und zahlt dafür mit Lebendigkeit.

Negatives Denken ist also keine Fehlfunktion, sondern ein Versuch, nicht mehr verletzt zu werden. Hinter jeder inneren Härte liegt ein weiches Herz, das zu früh gelernt hat, sich zu verstecken. Die Gedanken, die wir verurteilen, sind oft nur Wächter eines alten Schmerzes.

 

Die Wunde des Nicht-Gesehen-Werdens

Die tiefste Verletzung des Menschen ist nicht Schmerz, sondern das Alleinsein im Schmerz.

Nicht gehört zu werden, nicht verstanden zu werden – das erschüttert das Nervensystem mehr als jede körperliche Erfahrung. Es entsteht eine innere Leere, ein Gefühl von Taubheit, das sich oft erst Jahrzehnte später zeigt: als chronische Anspannung, innere Unruhe oder das unbestimmte Gefühl, „nicht ganz da zu sein“.

Diese Taubheit ist keine Schwäche. Sie ist Intelligenz. Sie hat uns geholfen zu überleben. Aber irgendwann will das Leben mehr als bloß Überleben – es will wieder fließen, fühlen, lieben. Und dazu muss die Taubheit schmelzen.

Der Körper erinnert sich

 

Der Körper vergisst nichts.

Er trägt den Schmerz, den wir damals nicht fühlen konnten, in Muskeln, Faszien und Organen. Wenn wir beginnen, uns zuzuwenden – nicht mit Analyse, sondern mit Wahrnehmung – öffnet sich dieser Raum. Der Druck auf der Brust, die Enge im Bauch, die Schwere in den Schultern – sie sind keine Feinde, sondern Botschaften.

 

Sich selbst zu fühlen, bedeutet, sich zu erinnern.

Selbstliebe ist nicht, sich zu mögen – sie ist die stille Bereitschaft, sich nicht länger zu übergehen. Wenn wir dem Körper zuhören, hören wir oft zum ersten Mal das, was wir als Kinder nie sagen durften: *„Es tut weh.“*

Und in dem Moment, in dem dieser Satz ausgesprochen – oder einfach nur gefühlt – werden darf, beginnt Heilung.

 

Von der Härte zur Weichheit

Viele Menschen glauben, sie müssten ihre negativen Gedanken loswerden, um heil zu sein. Doch Heilung geschieht nicht durch Wegmachen, sondern durch Daseinlassen.

Wenn die alte Traurigkeit Raum bekommt, verwandelt sie sich in Sanftheit.

Wenn die Wut gefühlt werden darf, zeigt sich darin Lebenskraft.

Wenn die Einsamkeit anerkannt wird, entsteht Verbindung.

Was in der Kindheit nicht gesehen wurde, kann heute in uns selbst gesehen werden. Es braucht keine perfekte Methode – nur die Bereitschaft, die Hand auf den eigenen Körper zu legen und zu spüren: *Was fühle ich gerade wirklich?*

Diese einfache Geste ist ein radikaler Akt der Selbstannahme. Denn sie sagt: „Ich bin bereit, mir zuzuhören – auch dort, wo ich mich lange verlassen habe.“

 

Die Bewegung der Heilung

Heilung ist kein Zustand, sondern eine Richtung.

Sie beginnt, wenn wir aufhören, gegen uns selbst zu kämpfen.

Wenn wir verstehen, dass Schmerz keine Störung ist, sondern eine Einladung.

Jede Wunde will nicht bestraft, sondern gesehen werden. In ihr liegt die Energie, die uns wieder lebendig macht – dieselbe Energie, die einst unterdrückt wurde, um zu überleben. Wenn sie sich wieder bewegen darf, kehrt Weichheit zurück, Verbindung, Freude.

Dann verändert sich auch das Denken. Nicht, weil wir es disziplinieren, sondern weil der Körper frei wird. Gedanken folgen der Energie, die sie trägt. Wird die Energie friedlicher, wird auch das Denken stiller.

 

„Heilung heißt nicht, dass du nie wieder verletzt wirst.

Heilung heißt, dass du dich nicht mehr verlassen musst,

wenn der Schmerz auftaucht.“

— Pratibha & Kareem

 

Dieses stille, unscheinbare Wieder-Zuwenden an uns selbst ist vielleicht das Mutigste, was ein Mensch tun kann. Es ist der Moment, in dem die Vergangenheit aufhört, das Jetzt zu bestimmen – und das Leben endlich wieder durch uns hindurchfließt.

Wir bieten einfühlsame Begleitung in Einzelretreats und persönliche Sessions.  Melde dich gerne bei uns!

Love

Pratibha & Kareem

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