Verkörperung des Erwachens
Aug 17, 2025
Verkörperung des Erwachens – Wenn das Erkennen den Körper findet
Erwachen ist für viele Menschen ein Erleben von Einheit und eine radikale Veränderung der Wahrnehmung:
Etwas öffnet sich, Grenzen verschwinden, wir fühlen uns verbunden mit allem.
Doch diese Erfahrung allein verändert unser Leben oft nicht –
es sei denn, sie findet den Weg in den Körper.
Warum der Körper das Tor ist
Die moderne Neurowissenschaft zeigt, dass unser Erleben nicht nur im Gehirn stattfindet, sondern im ganzen Körper verteilt ist.
Unser sogenanntes „zweites Gehirn“ im Bauch (das enterische Nervensystem) und das Herz mit seinem eigenen neuronalen Netzwerk spielen eine entscheidende Rolle bei Wahrnehmung, Intuition und emotionaler Regulation.
Ein Erwachen, das nur „im Kopf“ bleibt, kann uns geistige Klarheit schenken –
doch unser Nervensystem, unsere Muskelspannung und unsere alten emotionalen Muster bleiben oft unberührt.
Verkörperung bedeutet, dass dieses Erkennen unsere Zellen erreicht – dass der Atem tiefer wird, die Muskeln loslassen, das Herz sich öffnet.
Erwachen trifft auf alte Muster
Nach einem Erwachen können wir uns wundern:
Warum reagiere ich noch immer gereizt?
Warum fließt die Angst in bestimmten Situationen zurück in meinen Körper?
Hier greift das Verständnis der Traumaforschung:
Frühe Erfahrungen und Prägungen sind nicht nur Gedankenmuster, sondern körperlich verankerte Reaktionsprogramme.
Das autonome Nervensystem speichert Überlebensstrategien – Flucht, Kampf oder Erstarrung – oft jahrzehntelang.
Erwachen löscht diese Programme nicht automatisch.
Aber es schenkt uns den Raum, ihnen bewusst zu begegnen, ohne uns von ihnen vollständig vereinnahmen zu lassen.
Verkörperung als Praxis
Verkörperung des Erwachens bedeutet, das Erkennen der Einheit in jede Körperempfindung, jedes Gefühl, jeden Gedanken und jede Handlung zu tragen.
„Erst wenn die Angst zu fühlen, zu sprechen und zu sehen in sich zusammenfällt, erscheint die Klarheit, die Stille und der Raum, in dem das Leben fühlt, spricht und sieht. Dann ist Liebe da.“
Diese Praxis verbindet die Tiefe der Meditation mit somatischer Traumaarbeit:
Wir bleiben das, was wir erkannt haben – selbst wenn das Nervensystem Stress signalisiert.
Und in diesem Bleiben geschieht etwas, das weder Technik noch Wille erzwingen kann:
Das System beginnt sich zu regulieren, alte Muster lösen sich, ein neues Gleichgewicht entsteht.
Menschsein als Ausdruck des Erwachens
Verkörperung macht aus einer spirituellen Erkenntnis einen gelebten Weg.
Wir entdecken, dass Erwachen nicht das Ende unserer menschlichen Erfahrungen ist,
sondern der Anfang einer tieferen Beziehung zu ihnen.
Wut, Freude, Trauer, Lust – alles wird Teil derselben Wahrheit.
Neurowissenschaftlich betrachtet stärkt diese Haltung die Neuroplastizität:
Das Gehirn vernetzt sich neu, Stressreaktionen werden seltener, das Empathievermögen wächst.
Spirituell betrachtet bedeutet es, dass das Grenzenlose in unseren Augen, in unserer Stimme, in unserer Berührung lebt.
Das Geschenk der Verkörperung
Am Ende geht es nicht darum, besondere Zustände zu halten,
sondern das Erwachen als natürlichen Teil unseres Alltags zu leben:
beim Kochen, beim Zuhören, beim Lieben, beim Streiten.
Verkörperung heißt: Das Erkennen wird Fleisch und Blut.
Und genau hier liegt die stille Schönheit dieses Weges:
Wir sind nicht nur Zeugen des Lebens –
wir sind es.
Love,
Pratibha & Kareem
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